Musala (2925,40 m) - der höchste von Bulgarien
Der höchste Berg Südosteuropas wurde von 1949 - 1961 nach Josef Stalin benannt
Länge: 23,58534° O
Ein Wochenende in Bulgarien zur Besteigung des höchsten Berges von Südosteuropa. Das kleine Abenteuer beginnt kurz nach der Ankunft am Flughafen Sofia. Straßenschilder in kyrillischer Schrift erschweren die Orientierung und zwingen zu mehrmaligem Studium der Straßenkarte.
Trotzdem ist nach etwa 2 Stunden Fahrt am Nachmittag des 29.05.2009 der Wintersportort Borovets und das gebuchte Hotel erreicht. Vier Wochen nach Ende der Wintersaison sind die meisten Hotels und Restaurant geschlossen. Man bereitet sich langsam auf die kommende Sommersaison vor. Ich erkunde den Ort und den Beginn des markierten Weges zum Musala. Die optional mögliche Verkürzung der Route fällt wegen Wartungsarbeiten der Yastrebets-Seilbahn aus.
Da eine gleichmäßig schlechte
Wettervorhersage für die nächsten Tage vorliegt,
entschließe ich mich am nächsten Morgen zumindest
einen Besteigungsversuch zu starten:
Südwestlich von Borovets - kurz nach der
Unterquerung der Yastrebets-Seilbahntrasse - ist links der
Straße der deutlich gekennzeichnete Beginn des Weges zum
Musala zu erkennen.
Ich folge dieser Forstraße, die auch als "Musala-Pathway" gekennzeichnet ist, im Winter die Skitourenschneise durch das Tal. Der ursprüngliche Wanderpfad folgt - immer gut ausgezeichnet - dieser Forststraße oder parallel im Wald. Aufgrund des breit ausgebauten "Musala-Pathways" ist der eigentliche Wanderpfad aber mittlerweile stark zugewachsen und teilweise von umgestürzten Bäumen versperrt.
Langsam Höhe gewinnend geht es durch den Wald in das Tal hinein, bis nach etwa 2 Stunden die Talstationen der letzten Skilifte erreicht sind. Hier endet der Fahrweg. Weiter geht es über den rot-weiss markierten Pfad, der sich aufgrund der Schneeschmelze zu einem knöcheltiefen Bach entwickelt hat. Nach einem ersten großen Altschneefeld ist die Musala-Hütte erreicht, eine Ansammlung von mehr oder weniger renovierungsbedürftigen Stein- und Holzbauten die derzeit ohne Bewirtschaftung sind. Am Rande des großen Karsees mache ich eine kleine Pause. Das bisher freundliche Wetter trübt sich ein und die höchsten Gipfel hüllen sich in Wolken.
Nach kurzer Strecke entlang des Karsees geht es rechts in Serpentinen einen Steilhang empor, die Orientierung erfolgt ab jetzt durch 2 m hohe schwarz-gelbe Eisenprofile (Winterwegmarkierung), da die Schneefelder die Sommermarkierungen verdecken.
Oberhalb des Steilhangs geht es über Altschneefelder weiter Richtung Süden, vorbei am am Eissee "Ledeneto Ezero", welcher jetzt seinem Namen noch alle Ehre macht. Das nachfolgende Schneefeld zur Ledenoto Ezero - Hütte (auch "Everest 84" - Hütte genannt, zur Erinnerung der ersten bulgarischen Mount Everest-Besteigung 1984) liegt bereits in stürmischen Wind, der mich in Böen immer wieder stocken läßt. Ein kurzes, relativ flaches Schneefeld leitet zum Beginn des Nordgrates des Musala über. Der in den Flanken verlaufende Sommerweg ist unter steilen Schneefeldern verborgen, die einzige Möglichkeit ist der direkte Aufstieg entlang der Wintermarkierungen über den blockigen Grat.
Beim Aufsteigen in die Gipfelwolke treibt der stürmische Wind Graupelkörner waagerecht über den Berg, die Sicht sinkt auf etwa 15 m. Entlang der Markierungsstangen ist die am Gipfel befindliche Hütte schnell erreicht. Hier oben liegen noch etwa 150 cm Altschnee und neue Schneeverwehungen.
Ein paar Fotos vom Gipfelzeichen, Aussicht auf die umliegende Landschaft gibt es bei dem Wetter natürlich nicht. Für etwa 40 Minuten komme ich in der Gipfelhütte unter, wenigstens ein sturmfreier Pausenplatz.
Der Abstieg erfolgt über den gleichen Weg, schon nach 20 Minuten verlasse ich den stürmischen Wolkenbereich und befinde mich wieder in einer fast windstillen Wetterzone.
Schnell lassen sich die überfirnten Altschneefelder absteigen, im Bereich der Musala-Hütte treffe ich wieder auf die ersten Almwiesen, die derzeit blau voll Krokussen schimmern. Selbst auf dem markierten Pfad wachsen diese Frühlingsblumen sehr dicht, ein Zeichen für die seltene Begehung.
Beim Erreichen der Skiliftregion tauche ich in tief im Tal hängende Regenwolken ein. Für den restlichen Weg über den Musala-Pathway bis nach Borovets laufe ich durch Dauerregen. Gegen 17:00 Uhr bin ich im Hotel.
Der nächste Tag bringt wolkenlosen Himmel, doch ich hatte den angestrebten Gipfel bereits bestiegen.
Am 31.05.2009 fuhr ich zurück zum Flughafen Sofia und flog heim.
Der Gipfel ist für sein stürmisches Wetter gefürchtet.
Letzte Aktualisierung am 11.01.2023 18:00:03 Uhr
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