Grand Canyon - Rim2Rim
Durchquerung des Grand Canyon vom North Rim zum South Rim
1408 HM↑
Breite: 36.216858° N
Länge: 112.056710° W
Phantom Ranch
Breite: 36.105275° N
Länge: 112.095019° W
South Rim
Breite: 36.057299° N
Länge: 112.143725° W
- Wetterschutz (Sonnenschutz!)
- Dehydrierung
23.09.2019 Anfahrt
Mit laut singendem Automatikgetriebe quält sich der mit 10 Personen und einem Anhänger beladene Ford-Bus die Steigung der Highway 89a westlich der Vermillion Cliffs zum Plateau des North Kaibab Forest empor. Seit drei Stunden - nur unterbrochen von 2 kurzen Pausen - sitzen Monika und ich im vor 7 Monaten reservierten "Trans-Canyon-Shuttle" und lassen uns vom South Rim zum North Rim des Grand Canyon chauffieren. Eine schöne Gesprächsgelegenheit, wir hören den Erfahrungen unserer Vorgänger einer Grand Canyon-Durchquerung zu, die sich zurück zum Ausgangspunkt bringen lassen.
Vor 14 Monaten hatten wir eines der begehrten Permits für eine Durchquerung des Grand Canyons inklusive Übernachtung in der Phantom Ranch am Colorado River ergattert und seitdem die Tour vorbereitet. Nach dem gestrigen Besuch des Monument Valley und Übernachtung in der Kleinstadt Kayenta sind wir am Morgen mit unserem Mietwagen zum South Rim des Grand Canyon National Park gefahren. Dort stellten wir den Wagen am Backcountry Parkplatz ab und gingen mit unseren Rucksäcken zum Treffpunkt an der Bright Angel Lodge.
Um 13:30 Uhr begann die über 340 Kilometer weite Fahrt um die in Luftlinie keine 18 Kilometer entfernte Lodge am gegenüber gelegenen North Rim zu erreichen. Während der ersten Fahrtstunden erschwerten starke Regenfälle eine zügige Fahrt, am späteren Nachmittag klart es dann auf.
Kurz vor der Abenddämmerung erreichen wir die kleine North Rim Lodge und beziehen ein vorreserviertes Blockhaus. Für einige Minuten gehen wir noch an den Grand Canyon Aussichtspunkt. Welch ein Kontrast zum South Rim: Während dort hunderte Touristen den Sonnenuntergang bewundern sind hier am North Rim nur wenige Enthusiasten, die den abziehenden Regenwolken über dem Hochplateau von Arizona nachschauen. Auch in der vergleichsweise kleinen Lodge herrscht eine gemütliche Atmosphäre.
24.09.2019 Abstieg vom North Rim zur Phantom Ranch
Gegen 04:45 Uhr Morgens stehen wir auf und bereiten ein kleines Frühstück. Nach dem Check-Out in der Lodge bringt uns ein kostenloser Hotel-Shuttle um 06:00 Uhr zum etwa zwei Meilen entfernten Trailhead des North-Kaibab-Trail, über den wir zum Colorado River absteigen wollen. Zu fünft steigen wir am kleinen Parkplatz am Trailhead aus, der Bus fährt sofort zurück. Im frühen Dämmerlicht kehrt Stille ein. Ein Zweierteam beginnt sofort den Abstieg, während ein holländischer Trailrunner zuerst seine Action-Cam in Betrieb nimmt.
Kurz vor der Morgendämmerung ist es noch recht kühl und unter den Bäumen des Kaibab Forest so dunkel, dass wir mit Stirnlampe beginnen. Sachte führt der sandige Pfad in sandigen Spitzkehren in die Tiefe. Das kennen wir von anderen Touren: Die Wege sind grundsätzlich so angelegt, dass sie mit Maultier- oder Pferdekarawanen begangen werden können, welche die Versorgung abgelegener Hütten oder Rangerposten übernehmen. Dementsprechend "aromatisch" präsentiert sich der erste Kilometer, da sich die Tiere vor dem Abstieg wohl allen überflüssigen Ballast entledigt hatten.
Der North Kaibab Trail steigt zuerst den Roaring Springs Canyon hinab. Erst nach etwa 7 Kilometern trifft er auf den Bright Angel Canyon. Bis dahin verlieren wir fast 1100 Höhenmeter. Immer wieder in die Felswände hineingesprengt und über Tunnel und Brückenbauwerke führt uns der Steig in die Tiefe. Im Licht der steigenden Morgensonne beginnen die zuerst grauen Felsen in allen Orange- und Rottönen zu schimmern. Die Temperaturen steigen, wobei wir im schmalen Canyon meist im angenehmen Schatten laufen. Einige wenige andere Wanderer werden von uns überholt oder begegnen uns im Aufstieg.
Nach etwa 2,5 Stunden nähern wir uns dem Bright Angel Canyon, über einige Steilstufen führt der Trail in diesen Seitenarm des Grand Canyon über. Durch den größeren Wasserlauf im Talgrund und einer hier entstandenen Thermik zieht ein angenehm kühlender Luftzug durch die Schlucht. Die Wanderung durch das Felsenmeer hatte uns unmerklich von der Waldregion in die Trockenzone Arizonas geführt. Wir treffen auf die ersten blühenden Opuntien-Kakteen.
Kurze Zeit später erreichen wir die Manzanita Rest Area: Ein ausgebauter Rastplatz mit Frischwasserstation unter schattigem Baumbestand lädt zu einer ausgedehnten Pause ein. Etwa 30 Minuten verweilen wir hier zu einem zweiten Frühstück und zum Auffüllen der Wasserflaschen.
Am Grund des Canyons haben wir mittlerweile den größten Teil der Höhendifferenz zum Colorado River zurück gelegt. Der in der Wanderkarte als eher flach erscheinende Weg entpuppt sich in Realität als ein beständiges Auf und Ab. Bei mittlerweile warmen Temperaturen wandern wir auf einem teilweise unangenehm kieseligen und sehr staubigen Pfad nach Südwesten. An breiten Talabschnitten geht es dann sogar direkt der bereits tiefer stehenden, aber in diesen Breitengraden intensiven Herbstsonne entgegen. Nach einer knappen Stunde kommen wir am leeren Cottonwood Campground vorbei, hier hatten wohl einige der Wanderer mit einem Permit übernachtet, die uns am frühen Morgen im Aufstieg zum North Rim entgegen kamen.
Wir haben jetzt gegen 10:00 Uhr knapp die Hälfte des Weges zur Phantom Ranch zurückgelegt. Weiter ziehen wir über den staubigen Pfad, links und rechts werden die Felswände erdgeschichtlich älter und dunkler. In der Sonne ist es mittlerweile schon unangenehm warm. Einen Besuch an den Ribbon Falls auf der anderen Seite des Bright Angel Creek können wir uns sparen. Das letzte Hochwasser hat die Holzbrücke in einen nicht mehr gangbaren Trümmerhaufen verwandelt. Die nächsten etwa 5 - 6 Kilometer entpuppen sich als landschaftlich weniger beeindruckend, da man sich an die himmelhohen Felswände links und rechts bereits gewöhnt hat.
Unmerklich rücken die Felswände näher zusammen, das Rauschen des Bright Angel Creek wird lauter. Zweimal wird der Bachlauf über Brücken gequert. Jetzt verläuft der Weg auch immer wieder im Schatten, was das Laufen angenehmer macht. Die alten Gesteinsschichten zwingen den Bach zu laufenden Richtungswechseln. Wir haben die ältesten Gesteinsschichten in diesem Teil des Grand Canyon erreicht. Die dunklen Granite der sogenannten Vishnu - Rocks sind etwa 2 Milliarden Jahre alt. Der Weg ist wieder mit schwerem Gerät in die Felswände über den schmalen Uferbereichen des Wasserlaufs eingearbeitet worden. Nochmals sind kurz hintereinander 2 Brücken in der engen Schlucht zu queren, welche hier auch "The Box" genannt wird, dann weitet sich der Canyon wieder. Im Talgrund sind flache Sandbänke zu erkennen, die im weiteren Verlauf geschlossen mit Vegetation überwuchert sind, erste Schilder weisen auf die nahe Phantom Ranch hin.
Gegen 13:00 Uhr erreichen wir das Hauptgebäude der Phantom Ranch und rasten kurz auf den hölzernen Sitzgruppen, welche unter einigen Schatten spendenden Bäumen stehen. Kurz danach checken wir an der Theke ein und werden eingewiesen: Jeder bekommt einen Platz in einem 12er Damen- oder Herrenschlafraum zugewiesen. Das gebuchte Abendessen findet pünktlich um 17:00 Uhr statt, da im kleinen Speisesaal des Wirtschaftsgebäudes in zwei Schichten gegessen werden muß.
Nach dem Beziehen der Unterkünfte gehen wir noch den knappen Kilometer bis zum Colorado River. Am sogenannten Boat Beach gibt es tatsächlich einen Sandstrand. Baden ist wegen der starken Strömung des Flusses aber strikt untersagt, hier legen gelegentlich die Schlauchboote der Flusstouren an.
Beeindruckend ist der Blick vom Ufer auf die über 1300 m aufragenden und in vielen Farben leuchtenden Canyonwände. Im Blick haben wir die östlich gelegene Black Bridge, über die gerade eine Maultierkarawane zur Versorgung der Phantom Ranch im Abstieg über den South Kaibab Trail kommt.
Nach Rückkehr zur Unterkunft nutzen wir Duschgelegenheit und schattige Sitzplätze zur Erholung vom zumindest in den letzten Stunden sehr warmen Wandertag.
Kurz vor 17:00 Uhr treffen sich etwa 40 Personen vor dem Wirtschaftsgebäude. Pünktlich werden den einzelnen Wandergruppen ihre Plätze an den langen Tischen im Speisesaal zugewiesen. Danach folgt ein zünftiges Steak mit Baked Potatoe und Gemüse. Es gibt für alle das gleiche Abendessen, welches bei Reservierung vor 15 Monaten bestätigt werden mußte: Die erste Essensschicht hat ein Steakmenue, die andere speist vegan. Der Abend endet gemütlich mit ein paar Flaschen Grand Canyon Beer welches von einer lokalen Brauerei exklusiv produziert wird.
25.09.2019 Aufstieg zum South Rim
Der Tag des Aufstiegs aus dem Grand Canyon: Um 06:30 Uhr treffen wir uns zur zweiten Frühstücksschicht im Wirtschaftsgebäude. Ein ausgiebiges amerikanisches Frühstück und ein paar Canyon-Geschichten des Betriebsleiters sind der Start in diesen Tag.
Nach dem Auschecken gehen wir gemächlich zum Colorado River zurück, biegen jedoch kurz vor dem Boat Beach ab, queren über eine Brücke den Bright Angel Creek und erreichen die westlich gelegene Silver Bridge. Südlich der Hängebrücke beginnt der sogenannte River Trail. Mit beständigen Höhenwechseln ist dieser Weg zumeist oberhalb der Überflutungsgrenze in die Canyonwand eingearbeitet und folgt dem Fluss über kanpp 2,5 Kilometer nach Westen bis zur Einmündung des schmalen Pipe Creek. Bis hier hatten wir heute zumeist die schon wärmende Morgensonne im Rücken. Beim Einbiegen in die schmale Schlucht des Pipe Creek treten wir in den kühlen Schatten ein.
Zwischen hohen Felswänden führt der jetzt als Bright Angel Trail benannte Steig anfangs ohne nennenswerte Steigung in das Innere der Schlucht. Es geht hier sogar vorbei an Feigenkakteen und kühlendem Baumbewuchs. Nach etwa einer halben Stunde beginnt eine Steigung, welche sich relativ schnell zu einem Anstieg mit Spitzkehren verwandelt. Dieser Streckenteil nennt sich Devils Corkscrew. Die dunklen Schiefergesteine werden wieder von der Sonne erreicht und strahlen eine große Wärme ab. Am frühen Morgen haben wir aber das Glück, dass hier vom Colorado River noch eine angenehm kühle Thermik empor streicht. Das steilste Wegstück ist nach etwa 30 Minuten überwunden. Der Weg wird flacher, wir haben den Inner Canyon verlassen und den Beginn des Tonto Plateaus erreicht. Doch in Erinnerung an die Tour von 2003 dauert es jetzt doch deutlich länger bis wir den markanten Rastplatz des Indian Garden erreichen.
Der einst kleine Rastplatz ist derzeit eine Baustelle: Bauarbeiter legen neue Sanitäranlagen und Wegstrecken an. Die Anzahl der Rastmöglichkeiten wird dem erhöhten Besucheraufkommen angepasst. Indian Garden ist ein beliebter Zielpunkt für Tagestouren vom South Rim sowie Rastplatz für Maultierkarawanen.
Nach kurzer Rast setzen wir unseren Aufstieg fort, um die noch angenehmen Temperaturen auf dem schattenlosen Plateau zu nutzen. Zwischen Aloe Vera und Opuntien führt der Weg zuerst flach nach Südwesten auf eine markante Einkerbung in der sonst nahezu konturlosen Wand des South Rim zu. Nach etwa 1,5 Kilometern steilt sich der Weg merklich auf und passt sich dem Gelände an. Nach den ersten noch weit laufenden Serpentinen legen wir im Bereich des 3 Mile Resthouse eine kurze Pause ein. Der Blick öffnet sich jetzt wieder über die Landschaft des Grand Canyon bis zum gestrigen Startpunkt am North Rim. Nach Westen und Osten wird der Ausblick durch die Seitenabstürze des South Rim begrenzt.
In teilweise kleinen und kurz hintereinander folgenden Serpentinen führt uns der Weg dann Richtung 1,5 Mile Resthouse, die Strukturen der Felswände wurden bestmöglich in die Weganlage integriert. Obwohl wir mittlerweile zumeist im Schatten des South Rims wandern, sind die Temperaturen nun deutlich höher als am frühen Morgen. Wir begegnen jetzt deutlich mehr Personen auf dem Weg, darunter auch solchen mit ungeeigneter Ausrüstung, die einfach nur mal ein wenig in den Grand Canyon hinein schnuppern wollen. Mit einigen kurzen Pausen gehen wir weiter, da über unseren Köpfen das Ende des Bright Angel Trail an der Abbruchkante des South Rim näher kommt.
In den zwei weiten Schlusskehren laufen wir noch durch zwei kurze Tunnelstrecken, dann ist der Weg plötzlich geteert und die Geräuschkulisse von oben wird lauter. Gegen 13:15 Uhr haben wir am Trailhead des Bright Angel Trail die Rim2Rim-Durchquerung des Grand Canyon abgeschlossen. Für die etwa 37,5 Kilometer Strecke haben wir - inklusive Pausen - in zwei Tagen etwa 13 Stunden Gehzeit benötigt.
Auf die verdiente Dusche mußten wir dann noch etwa 90 Minuten warten, da die vorreservierte Cabin der Bright Angel Lodge zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht bezugsfertig ist.
Der Tag endet nach dem Abendessen und dem Besuch einiger Souvenirläden mit dem Ende September zwar kühlen aber nicht minder schönen Sonnenuntergang am South Rim.
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Letzte Aktualisierung am 11.01.2023 19:02:49 Uhr
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