Jubiläumsgrat im Winter 2007

Steckengeblieben im Schnee

Neuschnee
Tour:
Jubiläumsgrat - Versuch einer Winterbegehung
Region / Gebiet:
Wettersteingebirge (Garmisch-Partenkirchen, Deutschland)
Termin:
10.03.2007
Höhenmeter:
ca. 300 HM↑↓
Charakter:
Gratüberschreitung, teilweise klettersteigähnliche Sicherungen, teilweise freies Klettern im 2. - 3. Grat
Anstrengung:
Anstrengende, lange Tour (je nach Verhältnissen 2 Tage)
Ausrüstung:
  • Bergschuhe
  • Funktionsbekleidung (je nach Jahreszeit und Verhältnissen)
  • Daunenschlafsack für Übernachtung in der Biwakschachtel
  • Klettergurt, HMS-Karabiner
  • Kopfbedeckung, Sonnen- oder Gletscherbrille (100% UV-Filter)
  • Fleecejacke (mit Windstopper!)
  • Touren-Rucksack (ca. 30 - 35 Liter)
  • Sonnenschutzmittel
  • handschuhe
Gefahren:
Bei Wetterumschlag keine Abstiegsmöglichkeit auf dem Grat, Biwakschachtel im Bereich der Mittleren Höllentalspitze

Nach oben 10.03.2007

Neuschnee

Nach meiner Sommertour am Jubiläumsgrat wollte ich diesen Klassiker auch im Winter begehen.

Ein schöner, schneearmer Winter! Doch ausgerechnet in der Nacht vor unserer Tour soll es bis zu 20 cm Neuschnee gegeben haben. Naja, wir probieren es.

Von der Station Eibsee der Garmischer Zugspitzbahn bringt uns die Gondel in wenigen Minuten hoch zum Gipfel Deutschlands und in die Wolkensuppe. Auf der Gipfelterrasse wird sich in leichtem Schneegrieseln angeseilt und die Steigeisen angelegt. Gegen 10:00 Uhr gehen wir los. Wir, mein Kollege Heiko und unser Guide Andreas.

Schon die Querung zum eigentlichen Gipfel zeigt, das die 20 cm Neuschnee stark untertrieben sind. Stellenweise stecken wir einen Meter in der weiβen Masse. Vielleicht ist es am Grat besser?

Wir gehen los: Der Weg ist ja noch von meiner Sommertour bekannt. Trotzdem ist alles anders! Da wo eigentlich eine schmale Gratschneide sein sollte, ist jetzt ein 2 Meter breiter Schneehaufen. Dementsprechend langsam und vorsichtig geht es voran. Wo ist eine Wächte? Hoffentlich tritt man unter dem Schnee auf Fels und nicht ins Leere!

In kleinen Senken liegt der Schnee manchmal weit über einen Meter tief, unser Tempo ist langsam. Es ist geplant noch Heute die Biwakschachtel hinter der Mittleren Höllentalspitze zu erreichen. Wenn dies nicht zu schaffen ist wollen wir umkehren.

SonneDie ersten Kletterstellen. Das Seil ist mehr ein psychische Stütze, sauberes Klettern ist verlangt, wirkliche Sicherungspunkte sind in diesen Verhältnissen kaum zu finden. Manchmal lugt ein Stück der Stahlseilsicherungen aus dem Schnee heraus. So lange es geht versuchen wir mit tief im Schnee steckenden Handschuhen diesen Sicherungsmöglichkeiten zu folgen.

Es sind etwa -15°C, doch da es nahezu keinen Wind gibt, empfinden wir es - dank guter Ausrüstung - nicht als unangenehm.

Eine erste Trinkpause legen wir nach etwa 3 Stunden ein, wir sind immer noch nicht am Zustieg zur Inneren Höllentalspitze, der Grat führt immer noch leicht abwärts. Die Zeit wird knapp. Vielleicht sind die Verhältnisse im Zustieg zu den Höllentalspitzen besser?

Kurz darauf bricht unter mir ein Tritt in unserer Spur weg und ich rutsche in Richtung Höllental weg. Schnell auf den Bauch gedreht habe ich mit dem Pickel die Rutschpartie nach etwa zwei Metern gestoppt. Aber das Seil ist auch schon straff. Ein kurzes Ausschnaufen, dann stehe ich wieder auf dem Grat und wir gehen weiter.

Wenige Minuten später ist dann endgültig Schluβ. Total vereist steht ein Aufschwung vor uns, der kaum Griffmöglichkeiten bietet. Mit unserer Standard-Hochtourenausrüstung ist das nicht machbar! Wir wollen auch nicht nicht den ganzen Berg abfegen um an die Felsgriffe zu kommen. Nachdem auch Andreas einen Aufstiegsversuch abbrechen muß beginnen wir um 14:00 Uhr den Rückzug zur Zugspitze. Ein Biwak in der Bergstation ist einem Freibiwak in jedem Fall vorzuziehen. Vielleicht erwischen wir ja noch die letzte Seilbahn.

In unserer Spur geht es zurück, wir müssen zumindest nicht den Weg suchen. Das Wetter wird besser, die Wolken sinken ins Tal, die Sonne kommt durch. Jetzt wird es sogar richtig schön. Allerdings kommt Wind auf. Ohne Pause steigen wir zurück zur Zugspitze obwohl uns klar wird, das wir die letzte Seilbahn nicht mehr erwischen. Aus Nordwesten weht eine scharfe Brise, die zum Abschluβ die gefühlten Temperaturen nochmals deutlich sinken läβt. Um kurz Abenddämmerung nach 18:00 Uhr erreichen wir in der Abenddämmerung wieder die Zugsapitzterasse. Die gerade überschrittenen letzten Aufschwünge des Jubiläumsgrates Leuchten im letzten Sonnenlicht.

Wir haben Glück: Um 19:00 Uhr ist noch eine Mitarbeiterfahrt der Seilbahn, bei der wir mit ins Tal genommen werden. So endet der Tag - statt bei selbst gekochter Pasta in der Biwakschachtel - in einer Pizzeria in Garmisch-Partenkirchen.

Obwohl die Tour nicht gemäβ der Planung zu Ende gebracht werden konnte, war sie ein tolles und lehrreiches Erlebnis. Da ich bisher die meisten Touren bei guten oder zumindest passablen Verhältnissen durchgeführt habe, konnte ich hier Erfahrungen bei wirklich schweren Verhältnissen sammeln.

(ca. 300 HM↑, ca. 300 HM↓)

Siehe auch: Eine erfolgreiche Sommerbegehung des Jubiläumsgrates.

Weitere Informationen für Bergtouren im Zugspitzgebiet:

Helmut Pfanzelt: Wetterstein und Mieminger Kette, Gebietsführer für Wanderer und Bergsteiger, Bergverlag Rudolf Rother, München, ISBN 3-7633-3129-8

Letzte Aktualisierung am 11.01.2023 18:49:18 Uhr