Via ferrata dell´Amicizia - Klettersteigklassiker am Gardasee
Der berühmte Leiternsteig über den Dächern von Riva
Breite: 45.886174° N
Länge: 10.822909° O
24.05.2015 Via dell´Amicizia
Seit knapp 25 Jahren steht die Via dell´Amicizia auf meiner ToDo-Liste. Doch bisher hatte sich keine Gelegenheit ergeben. An diesem Pfingstsonntag kann der Klettersteigklassiker endlich in Angriff genommen werden.
Nach dem Abstellen des Autos in einem relativ neuen Parkhaus in der Nähe des Hafens von Riva beginnt für meine Bergkameradin Monika und mich der der Zustieg zum Klettersteig: Die ersten 200 Höhenmeter führen in gepflasterten oder betonierten Serpentinen zur Befestigungsanlage Bastione, der Weiterweg dann auf gut gekennzeichnetem Steig zur Berghütte Capanna S. Barbara, welche nach etwa 90 Minuten erreicht wird. Hier bietet sich eine gute Gelegenheit für eine erste Rast.
Wenige Gehminuten hinter der Berghütte zweigt der Zustieg zum Klettersteig gut gekennzeichnet (Nr. 404b) nach rechts ab. Kurze Zeit später ist vor der ersten Seilsicherung der "Anseilplatz" erreicht. Der Beginn des Klettersteiges ist - für erfahrene Geher - als einfach zu bezeichnen. In gestuftem Gelände steigen wir teils an Drahtseilsicherungen, teils in freiem Gehgelände bergan. Nach einer weiteren Steilstufe und einigen gut abgesicherten Bändern erreichen wir einen mit niedrigen Bäumen und Buschwerk bewachsenen Hang, der auf gut begehbaren Pfad ansteigend gequert wird. Dann erreichen wir die erste Schlüsselstelle: Eine im unteren Teil nahezu senkrechte Leiter klebt an einer griffarmen Wand. In etwa 25 m Höhe befindet sich ein kleines Podest. Dieses bietet sich für ein kurzes Durchschnaufen und den Übergang auf die zweite, etwa 20 m hohe Leiternsektion an. Prinzipiell nicht schwer, doch verlangt der Aufstieg solch langer und ausgesetzter Leitern doch Konzentration und Koordinationsvermögen. Gleichmäßig geht es empor, immer wieder fällt der Blick auf die fast unter mir liegenden Dächer von Riva. Um einen Stau zu vermeiden sollten die Leiternpassagen möglichst ohne Zeitverschwendung begangen werden, da durch die geringe zulässige Last (maximal 3 Personen gleichzeitig) ansonsten lange Zwangspausen für nachfolgende Klettersteiggeher anfallen können. Am oberen Leiterende bietet eine nächste Terrasse im Bergaufbau genügend Platz für eine kurze Pause.
Ein längeres Gehstück führt leicht Richtung Nordwest, bevor uns eine leichte Klettersteigpassage zu einer weiteren Leiter führt. Oberhalb dieser leitet uns der Steig über eine unschwierige Wandstelle zum Fuß der zweiten langen Leiter: 70 m geht es hier empor. Zwar nicht senkrecht aber doch sehr luftig und etwas abdrängend. Im oberen Teil der Leiternpassage höre ich über mir einen Stein auf Felsen aufprallen und ziehe mich noch ganz an die Leiter heran. Dann folgt ein heftiger, stumpfer Schlag auf meine linke Schulter welcher mir die linke Hand von der Eisensprosse reist. Der ganze Arm ist für einige Sekunden wie betäubt. Danach kann ich den Arm mit schmerzender Schulter wieder benutzen. Die Schwellung und der Bluterguss auf der Schulter am Abend zeigen, dass der wohl kleine Stein nicht viel größer hätte sein dürfen, ohne schwerwiegendere Schäden zu hinterlassen. Zwar stehe ich sicher auf der Leiter und die Funktion des Klettersteigsets wird nicht benötigt, trotzdem war es in 25 Jahren Klettersteigabenteuern die kritischste Situation welche ich bis dahin für mich selbst erlebte.
Langsam steige ich die letzten 20 Meter der großen Leiter empor und erhole mich am oberen Rand ein paar Augenblicke von dem Schreck.
Durch Buschwerk geht es jetzt in Serpentinen weiter auf einen Felssockel zu, dessen unteren Rand wir etwas nach links im Gehgelände folgen. Eine mit Drahtseil versicherte Rampe quert nach rechts, dann geht es über drei Leitern mit leichteren Schwierigkeiten direkt zum Gipfel der Cima SAT hoch, den wir 3:45 Stunden nach Aufbruch (inkl. Rastpausen) erreichen. Dieser mit einer italienischen Blechflagge samt Flaggenmast gekrönte Felskopf ist überraschend klein, doch finden sich überall noch ausreichend Rastmöglichkeiten. Überragend ist die Aussicht über den Nordteil des Gardasees; so nah und doch fern erscheinen die zu unseren Füßen liegenden Dächer von Riva mit den Sonnenschirmen der Eiscafés am Hafen.
Nach der üblichen Gipfelrast beginnen wir mit dem Abstieg: Die ersten Meter führen auf der Rückseite der Cima SAT sehr steil und klettersteigmäßig abgesichert etwa 20 Meter herunter. Hier ist nochmals Konzentration verlangt. Dann wird ein Pfad erreicht, der beschildert (Nr. 413, dann Nr. 404) den Rückweg zur Capanna S. Barbara weist. Steil geht es durch die Südhänge der Cima SAT in Serpentinen herunter. Loses Gestein fordert wieder unsere Konzentration. Erneut weist eine Warntafel auf kommende Klettersteigpassagen hin: Einige Drahtseilsicherungen leiten an steilen Passagen hinunter, dann stehen wir nochmals am oberen Ende einer Leiter. Etwa 20 m leitet diese in die Tiefe. Von hier erreichen wir in wenigen Minuten die Kapelle S. Barbara und, kurze Zeit später (insgesamt etwa 1,5 h Stunden ab Gipfel) wieder die Capanna S. Barbara wo wir auf den Aufstiegsweg treffen. Hier legen wir nochmals eine Rast ein.
Der weitere Abstieg von der Capanna S. Barbara erfolgt entlang des Aufstiegswegs. Nach dem Ablegen der Klettersteigausrüstung und der Trekkingstiefel im Auto belohnen wir uns mit einem leckeren italienischen Eis an der Hafenpromenade von Riva.
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Letzte Aktualisierung am 11.01.2023 18:10:01 Uhr
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